
KG Seetouristik
Im Jahr 1970 gab es zwischen den beiden großen Konkurrenz-Reedereien auf der Flensburger Förde, der Förde-Reederei und der Flensburger Personenschiffahrt, eine Übereinkunft. In den Jahren zuvor hatte sich das Verhältnis beider Unternehmen bereits gebessert. Nun trafen beide die Vereinbarung, ihre Operationsbereiche abzugrenzen. Die Förde-Reederei übernahm die Gesellschaftsanteile der Flensburger Personenschiffahrt GmbH & Co. KG und damit auch die Reederei und deren Schiffe JÜRGENSBY (1966) und STADT FLENSBURG (1967) sowie die Konzessionen. Die Inhaber und Partner der Flensburger Personenschiffahrt gründeten daraufhin ihrerseits eine eigene Reederei, die Kommanditgesellschaft Seetouristik mit Sitzen in Flensburg und Travemünde. Geschäftsführer war Günter Becker.
Mit Wirkung zum 1. November 1970 gingen die Schiffe WAPPEN VON FLENSBURG (1960) und MOBY DICK (1958) sowie der Angelkutte BATY (1963) in den Besitz der neuen Reederei über, die nun ihre Aktivitäten in die Lübecker Bucht verlegte. Von Burgstaaken und Travemünde wurden Einkaufsfahrten durchgeführt. Diese entwickelten sich so gut, dass bald neuer zusätzlicher Schiffsraum nötig war. So wurde 1972 die ECKWARDEN (1961) der Förde-Reederei angekauft und bald darauf in PIRAT umbenannt. 1974 folgte die BALTICA (1959). Zudem erfolgte in diesem Jahr ein echter Coup: Der Reederei gelang es, die HELGOLAND (1963) der HADAG aus Hamburg in Bareboat-Charter zu nehmen, womit die KG Seetouristik eines der größten Seebäderschiffe der Ostsee (2890 BRT) unter dem Namen BALTIC STAR betrieb und dieses 1976 auch übernahm. Anfang 1976 stieß zudem das Schwesterschiff der in WAPPEN umbenannten WAPPEN VON FLENSBURG zur Flotte und wurde in FEHMARN (1964) umbenannt. Von der PIRAT und der MOBY DICK trennte man iisich bald wieder, schließlich hatte man mit der BALTIC STAR ein deutlich größeres Schiff in der Flotte. Hinzu kam 1977 die 805 Passagiere fassende POSEIDON (1964). Mit diesen großen Schiffen etablierte sich die Reederei in der Lübecker Bucht schnell zum Marktführer. Auch Fahrten nach Warnemünde wurden angeboten.
1976 wurde gemeinsam mit der Förde-Reederei die Reederei Friesland GmbH gegründet. Diese war dafür gedacht, das Geschäft des zollfreien Einkaufs nicht nur auf der Ostseenach Dänemark, sondern nur auch auf der Nordsee ab Leer und Emden in die Niederlande aufzunehmen. Von der KG Seetouristik kam hier 1977 die BALTICA zum Einsatz.
Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre ließ die Reederei dann gleich drei Einheiten selbst auf Kiel legen. 1979 wurde die KÄPT’N BRASS in Dienst gestellt, 1980 folgten die DANIA und genau einen Monat später die DANICA. Mit letzterer wollte die Reederei ab 1983 auch in der Nordsee Fuß fassen und setzte das Schiff zu Ausflugsfahrten ab Cuxhaven ein. Das Ziel war, in den Helgolanddienst einzusteigen und der Hamburger HADAG sowie der Reederei Cassen Eils aus Cuxhaven Konkurrenz zu machen. Dafür war der Einsatz der POSEIDON geplant, die bereits vor ihrem Ankauf nach Helgoland gefahren war. Doch es kam anders: Die HADAG konnte ihr großes Seebäderschiff WAPPEN VON HAMBURG (1965) zwischen Hamburg, Cuxhaven und Helgoland nicht mehr rentabel betreiben und suchte einen Abnehmer. So übernahm die KG Seetouristik das Schiff und damit auch die Linie zur Saison 1984. Während die DANICA Ende der 1980er Jahre und die KÄPT’N BRASS 1990 veräußert wurden, blieben die großen Einheiten WAPPEN VON HAMBURG, BALTIC STAR, POSEIDON und DANIA fester Bestandteil der Flotte.
Als erste neue Verbindung nach dem Fall der Mauer ließ das Unternehmen zusammen mit dem VEB Schiffsmaklerei ab 16. November 1989 die FEHMARN I zwischen Travemünde und Wismar pendeln. Im Dezember 1990 wurde eine engere Kooperation mit der Förde-Reederei beschlossen. Seit dem 1. Januar 1993 fungierten beide Reedereien als Holdinggesellschaften, während das aktive Geschäft der neu gegründeten Reederei Förde Reederei Seetouristik übertragen wurde.
Quellen: Gert Uwe Detlefsen u.A. (2000) Vom Dampfboot zum Katamaran. Die Geschichte der Flensburger Fördeschiffahrt und aller Tochterfirmen, S. 75-76, 93-94, 98, 107; Gerd Uwe Dethlefsen (1977) Flensburger Fördeschiffe, S. 30-31.